Was in den USA allen großen Zeitungen eine Nachricht wert ist, findet man in Deutschland nur bei den Technologie-affinen Medien. Bisher saßen in den autonomen Waymo (Tochterunternehmen von Alphabet/Google) Autos immer noch Fahrer, die im Notfall eingreifen konnten. Damit ist jetzt Schluss. Ab sofort fahren die Waymo Autos, bei denen es sich um modifizierte Chryslers handelt, ohne Sicherheits-Fahrer. Einsatzgebiet ist Phoenix, Arizona, und Waymo bietet kostenlose Taxifahrten an. Hier ein Video.Und hier noch ein ausführliches über die Geschichte. Welche Bedeutung hat das für den deutschen Automobilsektor, die Hersteller und die Zulieferer, die Politik?
1. Waymo hat seinen Vorsprung vergrößert. Die Firma vertraut darauf, dass die Autos auf den Strecken, für die sie vorgesehen sind, mindestens so gut fahren können wie menschliche Fahrer, wahrscheinlich besser. Während BMW stolz ist auf seinen Stau-Assistenten (der wahrscheinlich wirklich gut ist), fahren in den USA einige Autos im Stadtverkehr alleine herum – bald 600 Stück. Uber ist ähnlich weit.
2. In Phoenix, Arizona beginnen Menschen, sich an den Anblick von autonomen Autos zu gewöhnen. Sie können sie kostenlos nutzen. Das wird die Berührungsängste und Skepsis drastisch reduzieren. Das, zusammen mit Statistiken über die höhere Sicherheit der Autos, wird zu einer schnell wachsenden Lobby für autonomes Fahren führen.
3. Waymo ist eigentlich eine kalifornische Firma. Die autonomen Autos fahren in Arizona rum – weil die kalifornische Bürokratie zu kompliziert war.
4. Waymo ist vor allem ein Software-Hersteller und baut den künstlichen Fahrer, der auf Daten, Algorithmen und Maschinenlernen beruht. Waymo will diese Software den Hardware-Herstellern, also den Auto-Herstellern, anbieten.
Also – was tun?
Das wichtigste ist, dass die Politik in Deutschland die Rahmenbedingungen ändert. Es dauert viel zu lange, das Verkehrsrecht zu ändern. Es ist viel zu komplex und bürokratisch, neue Unternehmen zu gründen, Wagniskapital einzusetzen, Innovation zu fördern. Die Veränderung kommt – Deutschland kann sie fördern und versuchen, wieder zu einem Treiber zu werden, oder hinterher hinken und große wirtschaftliche Nachteile in Kauf nehmen. Die Politik muss hier dringend aktiv werden, und es reicht nicht, bessere Netze zu bauen. Erst, wenn autonome Autos erlaubt sind, werden sich die Menschen daran gewöhnen und ihre Angst verlieren.
Der zweite wichtige Punkt ist, dass die deutschen Automobilzulieferer und -bauer weiter nach vorne denken müssen. Effizientere Benziner- oder Dieselgetriebe sind toll. Aber eigentlich müssten sie z.B. die besten LIDARs, Sensoren und Elektromotoren der Welt bauen. Die Mobilität der Zukunft braucht nicht unbedingt noch ein schickeres Karosseriedesign für den 5-Sitzer, sondern vielleicht mehr 1-Sitzer. Denn wenn das Auto autonom ist, brauche ich für die Fahrt zur Arbeit keinen 5-Sitzer bestellen.
Ich freue mich auf meine erste Fahrt im autonomen Auto – dafür würde ich fast nach Phoenix fliegen.
Ach ja, und fliegende Autos gibt es auch bald – vielleicht Made in Germany?